15.09.2023

Der Morgen ist kühl, aber die Sonne und der blaue Himmel versprechen einen schönen Tag. Die Wälder werden langsam golden. Herbst – was für eine ergreifende Jahreszeit. Die Hitze des Sommers ist vorbei und die Schöpfung zeigt sich in den nächsten Wochen von ihrer schönsten Seite. Selbst der Nebel ist wie zarte Poesie.

Hochzeitsfreude liegt heute brombeerfarben in der Luft. Mit viel Segen für die gemeinsame Liebe. Jetzt noch einmal jung sein und das Unbeschwerte feiern. Stattdessen Warten auf den 60. Geburtstag im nächsten Jahr. Dankbar und lebenserfahren. Das Glück gemeinsamer Jahre ernten. Und darüber nicht schweigen. Jeden Augenblick wie ein großartiges Geschenk annehmen. Auch die Einschränkungen und Schmerzen an Leib und Seele. Das ganze Leben feiern. Sich jetzt bloß nicht wieder in die Vergangenheit ziehen lassen, sondern an der Schwelle zu neuen Jahren die Zukunft erobern. Gemeinsam – das ist die größte Freude.

(s j | d) / Bild: pixabay.de

13.09.2023

Nach einer Gewitter-Nacht aufgewacht mit Schmerzen unter der Bandage in der linken Hand (Sehnenscheidenentzündung). Und mit Sorge und Angst im Herzen: Die Machthaber von Russland und Nordkorea treffen sich und reden über Militärkooperationen. Nordkorea hat Munition und Waffen zu viel und braucht Unterstützung für sein Raketen- und Ernährungsprogramm. Für den Krieg in Europa verheißt das nichts Gutes. Wird Putin mutiger und den Krieg auf die NATO ausweiten? Weltkrieg war doch gestern – und morgen oder übermorgen wieder? Papst Franziskus spricht gestern von der „Kühnheit des Friedens“.  Wir (die westlichen Gemeinschaften und jede und jeder Einzelne) haben es verlernt, den Frieden zu wagen. Viel zu schnell haben wir uns in den Kriegsmonaten mit den Waffen – und sei es zur Selbstverteidigung – abgefunden.  Wir haben die Toten und die verschleppten Kinder beklagt, wir haben todbringende Waffen geschickt und unsere Gewissen reingewaschen. Wir haben schon lange den Frieden verlernt, ohne den es doch keine Zukunft gibt. Der Papst in seiner Friedensbotschaft: Es gelte „demütig und beharrlich an die immer offene Tür des Herzens Gottes und an die Türen der Menschen zu klopfen“.

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Nach dem Erdbeben in Marokko folgt die verheerende Sintflut in Libyen mit über 5000 Toten. Schon wieder so viel Leid und Verderben durch eine Naturkatastrophe. Ob Klimawandel oder nicht: ich erinnere mich heute an die Verse aus dem 19. Kapitel des 1. Buch der Könige:

(11) Der Herr sprach: Geh heraus und tritt auf den Berg vor den HERRN! Und siehe, der HERR wird vorübergehen. Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, kam vor dem HERRN her; der HERR aber war nicht im Winde. Nach dem Wind aber kam ein Erdbeben; aber der HERR war nicht im Erdbeben. (12) Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer; aber der HERR war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen.

Gott ist nicht im Erdbeben und auch nicht in der Sintflut. Gott begegnet den Menschen nicht mit Gewalt, sondern zärtlich. Nicht mit Tod und Zerstörung, sondern in Hoffnung und Leben. Aber Hoffnung fällt schwer in diesen Tagen.

(s j | d)

11.09.2023

5:45 Uhr: Mühsam kräht der Dorfhahn in den noch frühen Tag. Eine scheinbar traumlose, erholsame Nacht endet noch vor dem ersten Glockenschlag. Hahn, Hunde, Schafe, Gänse und neuerdings auch ein Esel werden sich bis in den Abend hinein immer wieder mit ihren je eigenen Lauten aus verschiedenen Richtungen bemerkbar machen. Dorf pur. Sie übertönen dabei das Menschen-Geflüster über Trennungen und neue Liebschaften, Familienbande und Krankengeschichten. Das Jammern und Klagen über die Mühsal des Tages, die versagende Kirche und den Zuspruch der neuen Nazis. Manches sicherlich wortreich geheuchelt. Hinter vorgehaltener Hand. Widerspruch wertet das Gesagte auf. Also lieber schweigen und dem Glockenläuten zuhören. Und dem krähenden Hahn.

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Am Wochenende gab es noch einen deutschen Weltmeister: Nicolaus Peters aus Berlin hat die Floristik-WM im englischen Manchester gewonnen. Die Jury lobt vor allem „seine Leidenschaft für kunstvolle Floristik“. Er habe die „Fähigkeit, Farben, Formen und Texturen harmonisch zu vereinen.“ Ein schönes Handwerk, das Schönheit hervorbringt, die Menschen berührt.

Und auch dieser sportliche Nachtrag muss sein: Der DFB erntet heftige Kritik am Zeitpunkt der Trainer-Entlassung, mitten in der atemberaubenden Schlussphase des Basketball-Finales. Mehr Arroganz und Missgunst gehen wirklich nicht. Ein Tiefpunkt der Fußballmachenschaften neben dem Spielfeld. Früher war mehr Vorbild und Charakter.

Ein ehemaliger Fußballprofi bringt das Dilemma auf den Punkt: „Wenn du elf Blinde auf dem Platz hast, was soll denn ein Trainer dann machen?“ Recht hat er.

10.09.2023

1:4 verloren. Japan hat gewonnen. Gestern Abend. Keinen Krieg, sondern nur ein Spiel um das Runde, das in das Eckige muss. Aber für uns irgendwie den Weg dorthin nicht findet. Müde Füße. Müdes Zuschauen. Kopfschütteln bis in die letzte Reihe. Der Piraten-Kanzler ist traurig. Das teilt er der Welt im fernen Indien mit, das vermutlich bald Bharat heißen soll. Heute Zeit für Krisengespräche rund um die Trainerbank. Vielleicht wird er sogar mehr oder weniger geräuschlos vor die Tür gesetzt. Eine Abfindung darf er bestimmt mitnehmen. Verlieren lohnt sich. Sein selbstbewusstes Statement: „Ich bin der richtige Trainer!“ Klar, nur die anderen verlieren. Demut Fehlanzeige. Beim Fußball und in der Politik sind andere Tugenden auf der Tagesordnung.

Wenigstens trifft der deutsche Verteidigungsminister am Abend noch gegen den von seiner britischen Familie verbannten Prinzen beim Torwandschießen im Sportstudio: 2:0. Ein schwacher Trost.

Bis hierher ist es ein ruhiger Sonntag. Dass ich mal über Fußball schreiben werde, wundert mich schon sehr. Es ist ein Thema, an dem heute niemand vorbeikommt. Auch die Unsportlichen nicht. Die Nachrichten überschlagen sich mit Analysen und Ratschlägen.

Gegen 16 Uhr dann die tickernde Eilmeldung, dass der Fußball-Trainer entlassen ist. Unumgänglich sei das gewesen. So schnell geht das. Er sei kein Mann für Aufbruchstimmung. Basta!

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Da spielen unsere Basketballer noch im Finale der WM in Manila. Und kurze Zeit später dann die Sensation: Weltmeister! Zum ersten Mal überhaupt. Ein Sieg für die Ewigkeit – so verkünden es die Nachrichtenreporter. Und wie sich diese Männer freuen können – einfach beeindruckend und ansteckend. Diese Bilder gehen dann um die Welt: überglückliche Gewinner nehmen weinende Serben in den Arm und sprechen ihnen Trost zu. Eine weltmeisterliche Umarmung. Das ist glaubwürdiger Team-Geist. Sonntags-Helden – ganz bestimmt für mehr als einen Tag.

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Verschwiegen wird an diesem sportlichen Wochenende, dass es schon wieder Gewalt gegen queere Menschen gegeben hat: in Neuwied und beim CSD in Halle. Gibt es in unserem Land bald keine sicheren Orte mehr? Liebe wird ins Private verdrängt. Wer steht auf und stellt sich schützend vor die, die Gewalt fürchten müssen? Es reicht nicht, nur zu informieren oder zaghaft die Stimme zu erheben. Vor den Mikrofonen und von den Kanzeln. Wohin mit meiner Angst, mit meiner kleinen Wut? Welches Umdenken und Handeln sind notwendig, damit Menschen händchenhaltend auf einer Parkbank am Rhein sitzen können – und niemanden stört es. Gewalt als Antwort auf Liebe ist pervers.