09.09.2023

Schon wieder Hunderte Tote, diesmal bei einem Erdbeben in Marokko. Für einen Augenblick werden Menschen abgelenkt von anderen Problemen dieser Tage: Kriege, verbotene Küsse, greise Verantwortungsträger, Wasserfluten und wütende Brände, Inflation, Angst vor dem Verstummen. Wird morgen noch Leben sein?

Diese Welt wird immer unbegreiflicher. Die verlorene Heimat wird unser Zuhause. Flucht die gemeinsame Erfahrung. Auch die Flucht nach innen, durch die Herz-Landschaften verblassten Glücks.

Die einsame Seele ist dem Tod näher als dem Leben. Wie aber lebt es sich gut in der Nähe des Schlafes Bruder? Einsamkeit legt sich wie ein Sternenzelt über die Dunkelheit. Stille überall. Nur ganz in der Ferne singt eine Nachtigall ein heiteres Lied. Kaum zu hören.

Ohne Erinnerung ins Bett. Dafür traumreicher, unruhiger Schlaf. Fröhliches Stimmengemurmel als Hintergrundgeräusch. Um 3 Uhr Kaffee und eine Birne. Kurze Rast auf dem Weg durch die Nacht. Danach wieder wildes Geträume, während die Katze eingerollt im Sessel schnurrt.

Beim Aufwachen ist die Zahl der Toten auf über 2000 gestiegen. Kein Traum. Unbarmherziges Leben.

Clemens

(…)

Noch am Abend sitzt Clemens in der Dämmerung seines Arbeitszimmers. Draußen hat es wieder angefangen zu schneien. Aus der Schublade seines Schreibtisches holt er ein weißes Blatt Papier und seinen Füller.

Worte findet er heute keine mehr.

So endet meine Kurzgeschichte über Clemens, an der ich in den letzten Wochen geschrieben habe. Jetzt liegt sie bei meinem Lektor Simon und ich bin wie immer sehr gespannt auf seine Rückmeldung.

haiku

die stille stillt mich

berührt meine verwundung

hoffnung lacht mich an

(s j | d – 31.08.2023)

Bild: s j | d (Ausblick vom Kloster Schwanberg ins Tal)