
ein stein mit namen
verschwindet im morgenlicht
herzens-liebe bleibt
s j | d – 08.07.2023

ein stein mit namen
verschwindet im morgenlicht
herzens-liebe bleibt
s j | d – 08.07.2023

Maria hält sich die Ohren zu. Sie kann es nicht mehr hören. Die ständigen Negativ-Nachrichten über ihre Kirche. Und dann heute die neuesten Austrittszahlen: 2022 haben über eine halbe Million der katholischen Kirche bewusst den Rücken gekehrt. Maria schüttelt den Kopf. Tränen in den Augen. Das darf doch nicht wahr sein. Ihr Glauben verzweifelt. Immer öfters.
Maria ist als Jugendliche mit dem Glauben in Kontakt gekommen. Sie hat sich in einem Jugendkreis ihrer Pfarrei engagiert, ist später Lektorin im Gottesdienst geworden. Für die Mittvierzigerin bedeutet Glauben: mit Jesus befreundet sein. Sie besucht kranke und alte Menschen in ihrer Nachbarschaft. Sie ist eines von vielen Gesichtern von Gemeinde in dem kleinen Ort, in dem sie wohnt. Der christliche Glaube gibt ihr selbst Kraft und Trost, wenn das Leben gerade mal wieder schwierig ist. Das Beten hat sie nicht verlernt. Auch dann nicht, als ihr Ehemann bei einem Autounfall tödlich verunglückt. Nachdenklicher ist sie danach geworden. In ihrer Pfarrei hat sie Geborgenheit gefunden.
Es vergeht kein Tag, an dem nicht die Krise ihrer Kirche Thema ist. Das Versagen der Bischöfe, das Wegschauen in den Pfarreien, die ausbleibenden Reformen, der schweigende Papst. Aber Maria lässt sich dadurch nicht von ihrem Glauben abbringen. Sie geht weiterhin regelmäßig in den Gottesdienst, auch wenn die Reihen lichter werden. Ihr jugendlicher Pastor wirkt müde und matt. Er ist frustriert, dass seine Predigt, die eigentlich Mut machen soll, ins Leere geht. Und immer weniger mit ihm Abendmahl feiern. Wie wird das in zwei Jahren sein?
Maria wischt sich die Tränen aus dem Gesicht. Und flüstert ein leises Gebet in die Nacht. Sie bittet um Mut für eine erneuerte Kirche, die den Glauben nicht verliert. Eine Kirche, die Gott nicht aus dem Herzen verliert.
Morgen wird sie aufstehen und wieder zu den Menschen gehen. Ein wenig müde, aber überzeugt davon, dass gerade jetzt Hoffnung, Glauben und Liebe geteilt werden müssen.
„Ewiger Gott, komm und erneuere deine Kirche – und fange bei mir an!“
s j | d – 29.06.2023
Bild: pixabay.com

unter goldenem himmel treffen sich sehnsüchte und zweifel herzens-gebete und aberglauben eine soldatin bittet um frieden ein sohn um versöhnung hoffnung bleibt das letzte geflüsterte gebet s j | d – 17. Juni 2023 Heiligtumswallfahrt Aachen

Wir haben unseren Baum gefunden. Eine gerade gewachsene Eiche in einem idyllischen Waldstück zwischen Bell und Rieden. Mit Blick auf den Andachtsplatz und in der Nähe eines Wanderweges mit einem fernen Blick in Richtung Maria Laach. Dort wurde in diesem Monat ein Ruheforst eröffnet, 170 Urnengrabstätten in verschiedenen Biotopen. Darunter auch ein Regenbogen-Biotop für die Sternenkinder – unter Lärchen, in denen die Feen wohnen sollen.
Schon etwas länger beschäftigen Johannes und ich uns mit Fragen rund um unsere Beisetzung. Wir haben einen Vorsorgevertrag bei dem Bestatter unseres Vertrauens abgeschlossen und möglichst viele Punkte vorab festgelegt. Denen, die nach uns kommen und sich um uns sorgen, haben wir möglichst viele Entscheidungen schon zu unseren Lebzeiten abgenommen. Einiges werden wir jetzt ändern müssen, nachdem wir unseren Baum gefunden haben. Er trägt übrigens die Nummer 136.
In seine Wurzeln hinein werden wir uns also bestatten lassen. In einer Urne, die biologisch abbaubar ist. Zurück zur Natur. Es ist gut zu wissen, wo unsere Asche hinkommt. Nicht irgendwo anonym auf einem abschüssigen Fleck Rasen unter der prallen Mittagssonne. Sondern im Schatten alter Bäume, an denen Wanderer vorbeikommen und fröhlich vom Leben singen. In den Ästen flüstern die Erinnerungen. Vor allem die schönen.
Wir haben unseren Baum gefunden. Er wartet auf uns. Und bis es soweit ist, werden wir leben. Jeden Tag und Augenblick auskosten. Die Liebe genießen. Freundschaften pflegen. Hoffnung haben. Und uns leise auf das Ewige nach dem Tod freuen.
s j | d – 11. Juni 2023
Bild: privat