
meine augen geschlossen stille im kopf mein herz in dunkelheit gehüllt der ruf ins leben wartet jetzt nicht übermorgen s | j | d 26.03.2023

meine augen geschlossen stille im kopf mein herz in dunkelheit gehüllt der ruf ins leben wartet jetzt nicht übermorgen s | j | d 26.03.2023

Es gibt viele verschiedene Wege, an einen Menschen zu erinnern: Geschichten erzählen, Bilder anschauen und ausstellen, zum Grab gehen. Ich habe für mich in den letzten Tagen noch etwas entdeckt:
1944 stirbt mein Großvater Josef als Soldat in der Normandie. Getötet von den mörderischen Waffen des Krieges. Er hinterlässt meine Oma Marie und die beiden Kinder, meine Tante und meinen Vater. 20 Jahre später werde ich geboren. Zuhause wird kaum von ihm erzählt.
Aber meine Großtante Franziska schweigt bei meinen Besuchen nicht. Er sei der Lieblingssohn seiner Stiefmutter, meiner Uroma, gewesen. Die beiden haben sich sehr gut verstanden. Josef wird im Betrieb seines Vaters Wilhelm Steinmetz und ist künstlerisch sehr begabt. Davon zeugen auch seine Briefe aus dem Krieg, die er kalligrafisch und mit kleinen Bildern verziert.
Mit seiner Liebenswürdigkeit und seiner Kreativität fühle ich mich sehr verbunden. Auch, weil mir mehrfach eine äußere Ähnlichkeit nachgesagt wurde. Wenn ich als Jugendlicher mit meiner Oma durch Bitburg ging, sind wir oft darauf angesprochen worden. Das stärkt die Bande über den Tod hinaus.
Meine Erinnerung an meinen Opa besteht aus dem Anfangsbuchstaben seines Vornamens. Den werde ich jetzt in meinen Namen einfügen: Sven J. Dreiser. Nach der Ankündigung bei WhatsApp habe ich schon viele positive Rückmeldungen dazu bekommen. Einige haben es mir direkt nachgemacht und dieses besondere Erinnerungs-Zeichen nachgeahmt. Wie schön!
s | j | d
18.03.2023

Weit in den März hinein wacht er morgens auf. Vom Fenster her wird es schon hell. Aber keine Frühlingssonne kitzelt ihm die Nase, sondern das Weiß der Schneeflocken. Der Winter ist zurück, aber wahrscheinlich war er nie richtig fort. Lohnt es sich heute aufzustehen? Es ist Sonntag, weit vor dem Glockenläuten zum Kirchgang. Die Traumwelt hat er hinter sich gelassen. Die Augen noch geschlossen. Die Gedanken purzeln in seinem Kopf wie die Schneeflocken in seinem Garten. Er beschließt, noch liegen zu bleiben. Noch ist sein Morgen nicht bunt.
Aus seinem Traum sind Gedanken geworden. Da ist der stumme Vater. Allein vor dem Kamin. Ein kleines Feuer fackelt leise vor sich hin. Der Alltag findet draußen statt. Die Worte, der Lärm. Die alles übertönende Stimme der Mutter, die das Leben der Familie ordnet. Nichts darf aus dieser Ordnung fallen. Und wenn doch, bist du verloren. Ein eigenes Leben darf es nicht geben.
Ich gehe langsam durch den Frühlings-Schnee, drehe mich um und beobachte lange meine Spuren. Meine eigenen Spuren. Bevor sie schon wieder verschwinden.
s | d
16.03.2023

am kalten stein nährt die räbin ihr herz sie blickt sich selbst an ohne liebe wird sie blind für das zukünftige blind für das ganze leben s | d 08.03.2023