Advent: Gesegnet ankommen

Der Zimmermann Josef steht nachdenklich in seiner kleinen Werkstatt. Bald schon wird er mit seiner Verlobten Maria, die ein Kind unter ihrem Herzen trägt, aufbrechen, um sich in seinem Heimatdorf Bethlehem in die Steuerlisten einzutragen. Der Kaiser in Rom hatte die Volkszählung angeordnet. Es gibt Gerüchte, dass das Kind der Maria nicht sein Kind ist. Trotzdem hält er zu ihr und will für die kleine Familie sorgen. Er ordnet noch ein paar Werkzeuge, löscht die Laterne und geht nach nebenan in seine Hütte.

Maria schläft schon. In ihrem Gesicht lässt sich die Sorge ablesen, wie es für sie weitergehen wird. Wird ihr Kind gesund auf die Welt kommen? Und wird sie genug Kraft für den weiten Weg nach Bethlehem haben? Wie gut, dass sie ihren Esel mitnehmen, der sie und das Ungeborene tragen kann. Liebevoll blickt Josef Maria an. Er spürt auf einmal eine große Freude in seinem Herzen. Und in der Stille fängt er an zu beten:

„Ewiger, du lässt uns in diesen Tagen des Aufbruchs nicht allein. Wir machen uns auf den Weg, ohne zu wissen, wann wir ankommen und wo wir unterkommen. Ich nehme meine Fragen und meine Unruhe mit. Meine Sehnsucht nach Gerechtigkeit. Wir haben unsere Dunkelheiten mit im Gepäck: unsere Angst, die Traurigkeit, die inneren Verwundungen, die Leere in unseren Gedanken und Gefühlen, unsere Heimatlosigkeit. Dir vertraue ich die Welt an, in die hinein unser Kind geboren wird. Bringe mit seinem Lächeln Licht und Frieden zu den Menschen. Heilung und Hoffnung. Segne den Weg der Menschen durch den Advent, damit niemand allein bleibt. Und schenke deinen Engeln ein Lied, das unsere Angst vertreibt. So sei es.“

Nach seinem Gebet ist es auch für Josef Zeit zu schlafen. Am kommenden Nachmittag will er mit Maria und dem Kind unter ihrem Herzen aufbrechen.

Und auf einmal weiß er, dass er gesegnet ankommen wird und etwas Neues beginnt.

(SD – Fixpunkt Rhein-Zeitung und Webandacht Kirchenkreis, 29.11.2024)

Buß- und Bettag 2024

Vor ein paar Tagen schrieb mir eine Studienfreundin diese nachdenklichen Sätze: „Wir sind ein Volk von Jammerlappen und Klageweibern geworden. Lässt sich so die Zukunft gestalten?“

Recht hat sie. Die verschiedenen Krisen unserer Zeit haben viele von uns verändert. Besonders die Coronapandemie und der nahe Krieg in der Ukraine. Es wird gejammert und geklagt, was das Zeug hält, und diese Negativität legt sich lähmend über alles. Im Privaten wie im Öffentlichen. In Welt und Gesellschaft. Auch in unseren Kirchengemeinden.
Bei meinem letzten Gottesdienst geht eine jüngere Frau kurz nach Beginn meiner Predigt empört aus der Kirche. Weil ich nichts zum Ampel-Aus und dem drohenden Weltkrieg sage und stattdessen eine Hoffnungsgeschichte erzähle. Und von Gott spreche, nicht aber an die unschuldigen Opfer der Raketenangriffe der letzten Nacht erinnere.

Können wir wirklich keine Hoffnungsgeschichten mehr hören? Sind wir wirklich so auf das Scheitern und den Tod fixiert, dass es uns schwerfällt, von Gott zu hören? Von ihm zu sprechen? Über ihn nachzudenken? Mit ihm zu schweigen?

Gott ist für mich die einzigartige Zusage, dass wir Menschen der Hoffnung sind. Dass Vertrauen und Liebe möglich bleiben, auch in der Dunkelheit. Leben geschieht dort, wo die Hoffnung sich wie ein Trost-Mantel um verwundete Seelen legt.

Ich werde meine Sinne nicht vor der unfreundlichen Welt verschließen. Aber ich möchte mit Hoffnungs-Augen hinschauen und mit Hoffnungs-Ohren den Menschen zuhören. Und ich möchte als Christ nicht gott-stumm bleiben.

Der katholische Kollege Wolfgang Metz hat gerade geschrieben:
„Wenn wir das nicht mehr sind: Zuversichtlich. Zugewandt. Als Glaubende, Hoffende, Liebende. Braucht man uns nicht mehr. Braucht es keine Kirche.“

Ich wünsche mir zum diesjährigen Buß- und Bettag, dass wir uns mehr Mut machen zu leben und zu vertrauen. Zukunft mit unseren Gaben und Talenten gestalten. Hoffnung und Frieden in die Welt hineintragen. Mehr mit dem Herzen beten und weniger mit dem Verstand.

„Gott ist mein Hirte. Mir wird nichts mangeln. Gott ist mir nahe.“ (siehe Psalm 23)

(SD)
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